Es ist Sommerzeit – und Sommerzeit in Winterthur ist Musikfestwochenzeit. Siebzehn Tage voller guter Musik und das mitten in der Altstadt. Jedes Jahr aufs Neue fiebere ich dieser Zeit entgegen. Besonders freue ich mich in diesem Jahr auf den 18. August 2018: Billy Talent is in Town!
Der zweitletzte Abend der dreiundvirezigsten Musikfestwochen ist angebrochen. Auf meinem Weg zum Festivalgelände treffe ich kaum eine Menschenseele. Auch vor dem Einlass stehen nur drei leicht angetrunkene Männer, die sich nicht erinnern können, wohin sie eigentlich wollten. Eigentlich wollte ich sie fragen, wie sie die deutsche Punkband Turbostaat gefunden haben. Leider habe ich keine verwertbaren Informationen dazu bekommen.
Oh wie schön du bist, Musikfestwoche!
Leicht amüsiert setze ich meinen Weg zum Fotograben fort. Dort angetroffen treffe ich auf zwei Gönner der Musikfestwochen. Beide sind seit langer Zeit mit Herz und Seele dabei und schwärmen von der wunderbaren Atmosphäre an den Musikfestwochen. Es sei ein Festival der ganzen Stadt: Das Wichtigste sei, dass alle Menschen akzeptiert werden, Spass haben und den Alltag ein bisschen vergessen können – nicht zu fest, versteht sich.
Ich bin im Fotograben angekommen und geflasht. Was vom Eingang nach einer lockeren Traube von Menschen ausgesehen hatte, stellte sich mir vorne komplett anders dar. Dicht an dicht stehen die Fans vor der Absperrung – kaum ein Blatt Papier hätte Platz zwischen den einzelnen Menschen gehabt. Als Billy Talent dann auf die Bühne gerannt kommt, verdichtet sich die Masse noch mehr. Kaum werden die ersten Töne gespielt, flippen die Fans aus und die ersten Stage-Diver entern den Fotograben. Die Stimmung ist bombig!
Die Qualität nimmt mit der Distanz ab
Leider müssen wir Medien nach drei Songs den Graben wieder verlassen und werden – äusserst freundlich – zum Festgelände zurück eskortiert. Ich suche mir einen Platz möglichst weit vorne – aber sehr weit komme ich leider nicht mehr. Aus Angst vor weiteren bösen Blicken bleibe ich schliesslich in der Hälfte der Steinberggasse stehen. Vom weiteren Set bin ich dann enttäuscht. Die Band ist schlecht abgemischt und ich muss mich richtig konzentrieren, um überhaupt die Songs zu erkennen und den Sänger akustisch zu verstehen. Natürlich werden die Klassiker der kanadischen Band gespielt: Surrender, Rusted From The Rain, Red Flag und Devil On My Shoulder, und, und, und…. Das Publikum weiter vorne ist auch voll bei Billy Talent – ich sehe sie springen und höre sie die Refrains mitsingen.
Insgesamt habe ich mehr erwartet. Das Feeling aus der ersten Reihe war genial! Und für die vorderen Reihen offenbar auch. Leider war ab der Mitte des Publikums das Konzert nur noch sehr schwer zu verstehen und zu hören und so haben sich die Zuschauer auch zunehmend untereinander unterhalten, als der Band auf der Bühne zuzuhören und mitzufeiern. Nach dem Konzert habe ich mich mit einem (selbsternannten grössten Fan) von Billy Talent unterhalten. Seiner Meinung nach war das eines der besseren Konzerte: Er habe schon schlechter abgemischte Konzerte von Billy Talent besucht. Er war begeistert! Ich werde mir in Zukunft Billy Talent auf meinem I-Pod anhören oder mich in die erste Reihe quetschen.