…und da kippten die Stühle der Reihe nach um. Die Leute eilten nach vorne als ob es um Leben und Tod ginge!
Ein Ausschnitt aus einem Actionroman? Ganz und gar nicht – lediglich ein scheinbar normaler Dienstagabend an der Baloise Session 2016.
Zum 31. Mal lädt die diesjährige „Baloise Session“ mit insgesamt 24 musikalischen Highlights vom 21. Oktober bis 8. November 2016 nach Basel ein – das Ganze in intimer Clubtisch-Atmosphäre bei romantischem Kerzenschein. Ganz nach dem Motto „Soul Dimensions“ war ich an diesem regnerischen Abend vom 25. Oktober 2016 vor Ort um mir die Britin Laura Mvula und den vor Funken sprühenden Seven zu erleben – übrigens sein einziges Konzert in der Schweiz dieses Jahr.
Der Abend fing relativ harmlos an. Am Eingang wurde ich von einer Farbenkombination in pink-blau empfangen und durfte mich erst einmal in entspannter Atmosphäre im Foyer durch verschiedene Kreationen von Luxemburgerli (ja genau, die Zürcher Spezialitäten in Basel) und Glacesorten probieren – ich war dann doch sehr erleichtert, dass ich an meinem Sitzplatz auch noch ein salziges Päckli Chips vorfand, um das wieder ausgleichen zu können.
Die gedimmte Atmosphäre im Konzertraum war gemütlich und das sitzende Publikum zwar gewöhnungsbedürftig, aber überhaupt nicht störend – wenigstens hatte ich so mal realistische Chancen die komplette Bühne zu sehen. Um 20 Uhr fing es mit der Musikerin Laura Mvula aus Birmingham, mit karibischen Wurzeln, an. Mit einer Mischung aus Soul und Elektrobeats, treibendem Bass beim Lied Overcome und melancholischen Texten wie bei Father Father. Ihr neues Live-Album The Dreaming Room ist bis ins Detail durchdacht und katapultiert den Zuhörer in andere Sphären. Kleine Anekdote: Der Song Kiss My Feet war an ihren Exfreund gewidmet und trug ursprünglich auch dessen Namen als Songtitel. Bis sie diesen nach der Trennung zu „Kiss My Black Ass“ änderte und sich am Ende für die aktuelle, neutralere Version entschied. Diamonds war dann vollumfänglich dem Publikum gewidmet, während Phenomenal Woman der Damenwelt zugutekam. Mein persönlicher Favorit kam an fünfter Stelle und nannte sich People. Laura Mvula überraschte mit einem souveränen, sympathischen Konzertauftritt und hatte gleich auch noch ihre Schwester an der Gitarre und ihren kleinen Bruder am Cello mit an Bord.
Nach einer kurzen Pause ging es um 21:40 Uhr erst richtig los mit Seven und das Publikum war ja nun bereits aufgewärmt.
Der Aargauer Jan Dettwyler alias Seven hat das Feuer und die nötige Leidenschaft für den Soul/Funk und ist dieser Stilrichtung vollumfänglich verfallen. Der Sänger und Songwriter macht schon seit über 20 Jahren Musik, zog dann aber letztes Jahr die Aufmerksamkeit erst richtig auf sich, als er am Blue Balls Festival von den Söhne Mannheims überraschenderweise für eine Jamsession auf die Bühne gebeten wurde. Dort begeisterte er Xavier Naidoo auf Anhieb und wurde zur Sendung „Sing meinen Song – das Tauschkonzert“ eingeladen. Seit diesem Auftritt erreichte Seven’s Album Best Of 2002 – 2016 den ersten Platz in Deutschland, Österreich und der Schweiz.
Seven kam unter grossem Applaus mit dem Song City of Gold auf die Bühne und erhellte mit seiner klaren Stimme den Konzertraum. Es ging nicht lange – genauer gesagt war es der 3. Song Anymore – da hüpften die meisten schon von ihren Stühlen auf und stürmten ganz ohne Aufforderung nach vorne in Richtung Bühne. Es war tatsächlich schwieriger, sich bei diesen funky Beats und spontanen Jamsessions zum Sitzen bleiben zu zwingen, als dem Hüftschwung freien Lauf zu lassen. Die Musiker fuhren zu Musikstücken wie Make U Happy, Wish Of A Fool oder Lisa mit vollem Geschütz an Gitarre, Bass, Keys, Schlagzeug, Percussions, Saxophon, Trombone oder auch Background Vocals auf – ein wahres Feuerwerk an Rhythmus. An diesem Oktobertag ist nicht das Grippefieber, sondern das Musikfieber ausgebrochen!
Neben plötzlichen Stopps, um sich seine Schnürsenkel zu binden und Witze über die Sicht der 1. Reihe, aufgrund des aufgestandenen Publikums vor der Bühne, zeigte sich Seven an diesem Abend sehr authentisch, spontan und mit Schalk. So animierte er zum Mitmachen, Mittanzen und erreichte bei den letzten Songs 99 Luftballons, Nenas Coverversion, oder auch bei Synthetic Soul Standing Ovation beim Publikum an der Baloise Session. Ein wahres Live-Erlebnis!
Um diesen Abend in seinen Worten gebührend abzuschliessen:
„Mach was du liebst, egal was andere dir dazu sagen – ansonsten such‘ dir neue Freunde.“
Da bleibt mir nur noch eines zu sagen: Danke Basel für diese tolle Organisation, ich komme nächstes Jahr bestimmt wieder!