AnnenMayKantereit
© Nadine Meier

Willst du bei Facebook posten oder tanzen?

Zwei Dinge die mir am 07. März 2017 in Oerlikon aufgefallen sind. Erstens: Ich bin nicht die einzige, die schon von AnnenMayKantereit gehört hat. Zweitens: Es sind gefühlte dreieinhalbtausend Menschen, die ebenfalls von ihnen gehört haben.

Ich erreiche die Konzertlocation mit meiner Begleitung nach halb acht: Endlich einmal ein eigenes Bild machen von der angeblich tollen neuen Konzerthalle in Oerlikon, die Halle 662. Was schon mal wirklich praktisch ist: Der Weg vom Bahnhof zur Halle dauert knapp zwei Minuten.

Was auch angenehm ist in dem Moment, die Halle ist überdacht, so dass wir beim langen Anstehen nicht völlig vom Regen durchnässt werden. Dann, nach einem ersten Staunen über die Dimensionen der Halle, die Feststellung: Auch die Garderobe kann die Menschenmassen einigermassen bewältigen, wir stehen lediglich etwa zehn Minuten an.

Da wir uns genug früh auf den Weg gemacht haben, bleibt sogar noch Zeit für ein wenig „people watching“ und ich stelle fest: Ich bin sehr alt, wenn ich so um mich schaue und die anderen KonzertgängerInnen betrachte. Kein Wunder, besteht AnnenMayKantereit doch selbst aus anfangs Zwanzigern.

Diese drei scheinen jedenfalls trotz dem enormen Erfolg noch keine Starallüren zu haben. Um 21.03 Uhr treten die Jungs bereits auf die Bühne und starten mit Wohin Du Gehst. Die Akustik ist verblüffend gut, eine angenehme Abwechslung zu meinen letztbesuchten, schlecht abgemischten Konzerten.

Abgesehen von der wohlwollenden Halle muss man es dem Sänger hoch anrechnen, dass er live noch einmal viel beeindruckender klingt als ab YouTube und co. Kein Fehler ist hörbar, weder bei ihm, aber auch nicht bei den anderen Musikern (BTW: sogar ein Drumsolo wird eingebaut!)

Während dem Konzert frage ich mich, weshalb die drei eigentlich so viel Erfolg haben. Und stelle fest, dass sie mit ihren Texten einfach wirklich den Nerv der Zeit getroffen haben:

„Du hörst dir tausend Geschichten an. Was ich alles machen werde, wie und wo und wann. Und dieses und jenes. Aber alles nichts Konkretes“.

Oder:

„Und du und deine Freunde. Ihr seid alle am studieren. Und ihr wartet drauf, dass irgendwas passiert. Hast du überhaupt ’ne Ahnung, wo du grade stehst?“

Den Nerv der Zeit können die drei doch nicht ganz aufhalten. Als die Menge munter vor lauter Smartphones leuchtet, kommt die Retourkutsche von der Bühne: „Willst du bei Facebook posten oder tanzen?“. Spätestens bei ihrem Hit Oft Gefragt bricht auch das letzte Eis und es tanzt und grölt auch die hinterste Reihe mit.

Fazit: ein überraschendes Konzert auf verschiedenen Ebenen! Musikalisch (hohe Qualität), publikumstechnisch (viiiele Menschen!), akustisch (endlich mal wieder ein guter Tontechniker).