Züri West
© Philipp Heger

Wo Elvis und Johnny Hallyday Schattenboxen

Genau fünf Jahre mussten wir uns gedulden um Züri West am 09. Dezember 2017 wieder im schönsten lokal der Schweiz live zu hören. Dafür beehren sie die Mühle Hunziken in Rubigen gleich an vier Abenden hintereinander während ihrer „Love“ Tour.

„Zwei Sets werden gespielt. Dazwischen eine Pause.“ So hat es früher auch Mühli Peschä immer angekündigt. Ich habe immer noch etwas Mühe mich an Christoph Fankhauser als Gastgeber zu gewöhnen. Als Nostalgiker brauche ich etwas länger aber das wird schon.

Nach längerer Abwesenheit musste ich das verwinkelte Haus wieder mal besichtigen. Die Mühle ist nicht nur für Auftritte international namhafter Künstler bekannt, sondern auch durch die Architektur und die vielen Details der Einrichtung welche Peschä über die Jahre angesammelt hatte.

Das erste Set von Züri West hörte ich mir von der obersten Galerie an. Eine Perspektive welche sich selten bietet bei einem Konzert. Sie entlarvt jedoch auch das fehlen einiger Haarpartien der langsam in die Jahre gekommenen Musiker. Musikalisch bewegten wir uns beim ersten Set schon sehr variantenreich: Etwas traurig mit Edgar in der dünnen Luft „näb dene gruusige Nägelichränz“. Geri Gagarin als erster Mensch auf dem Mond immer einen halben Schritt dem Blues voraus. 05:55 liegt Charlotte vielleicht auch noch wach. Doch So Wie Denn I Däm Summer wird’s nie mehr, so geht’s nach Zimmerwaud zu den alten Soldaten an die eigene Grenzeum nur einige Songs des ersten Sets zu zitieren.

Pause

Zum zweiten Set drängte ich mich auch in die Menge vor der Bühne. Ausser meiner Kollegen, welche schon seit Jahrzenten kein Züri West Konzert in der Mühle auslassen, bewegte sich das Publikum kaum. Früher war das anders. In der Zeit als wir Berner meist nur über Zitate aus den Mundart Songs von Kuno, Bühne oder Endo kommunizierten. Die Fans sind älter geworden oder wollten ihrer Energie vielleicht für den morgigen YB Match gegen GC sparen. Kuno wird sicher auch dort sein. Kuno war gut drauf.

Er brachte viele Songs auch von alten Alben: Auf Elvis werden die Frauen immer stehen. Johnny & Mary als Hommage an den kürzlich verstorbenen Johnny Hallyday wird immer gespielt solange irgendwo noch ein Licht brennt. Schattenboxen gegen die Wände, nach mehreren Mojito unter dem Tisch gelandet steht man schlussendlich wieder alleine da. Übers Echo Fingt Ds Glück Eim? wieder, damit man doch noch alt, fett und glücklich wird. In Kunos Texten finden viele auch Parallelen zum eigenen Leben. Bei Traffik tanzen dann etwas mehr im Publikum mit, auch ohne farbige Ballone die von oben übers Bild fliegen. Obwohl der See fehlte wurde auch mein Klingelton Toucher gespielt. Dafür mussten wir wieder mal auf 7:7 verzichten. Den spielen sie wohl erst wieder an einem Donnerstagabend im Februar nach ein par Runden Carambole. Man konnte Züri West keinen Vorwurf machen, sie spielten lange und ausdauernd, wie immer, an diesem Winterabend.

Nach dem Konzert hatte Mühle Peschä jeweils gefragt ob jemand mit dem Zug da sei. So wurden Mitfahrgelegenheiten direkt geklärt. Mittlerweile fahren nach dem letzten Ton immer noch Nachtbusse vor der Mühle um nach Bern zu kommen. Mit alten Freunden geht man natürlich noch in die Reithalle ins Deadend und in die Cuba bar. So geht das.