Talisco, Capitol Vision

Wie jeder Schnee zum Strand mutiert

Eine ungewöhnliche Zeit um ein Review zu schreiben. Sonntagmorgen, brr. Ich schreibe nie am Morgen, immer am Nachmittag oder Abends. Bei Talisco mache ich eine Ausnahme, ob es sich lohnen wird?

Nach seinem Debut Album Run 2015 pfeffert Talisco am 27. Januar 2017 was Neues hin, Capitol Vision.

Der sympathische Franzose hatte mich vor vier Jahren mit Your Wish gewonnen, mehr dazu hier.

Wehleidigkeit gepaart mit Glücksgefühlen

Der erste Track, My Kiss from LA, beginnt ruhig. Eine leichte Wehleidigkeit fliesst mit und kurze träumerische Effekte werden eingespielt. Ein Song, der mich nicht berührt, daher kann ich dazu nichts schreiben.

Oh wow, eine komplette Drehung. Bei Thousand Suns hat mich Talisco wieder eingenommen. Die Gitarre zu Beginn, kombiniert mit den Blasinstrumenten und dem Schlagzeug machen gleich Lust zum losziehen. Trotz des Morgens fühle ich mich nun wach und aufmerksam. Im mittleren Part kommt eine coole Geschmeidigkeit auf. Wer mal wieder Mühe hat in seinen Neo zukommen weil er vom Vortag noch eiskalt ist, der soll einfach diesen Song anmachen und raus auf das Line-Up schauen – es geht dann von allein.

Treibend gepaart mit der Stimme von Talisco hat Track Nummer drei, Monsters and Black Stones den ähnlichen Drive wie sein Vorgänger. Wenn einem die Puste fehlt um einerseits einen Berg zu erklimmen oder andererseits sich durch die Wellen zu kämpfen, hat mit Monsters and Black Stones den perfekten Begleiter. Deine Beine bewegen sich von selbst, deine Arme paddeln ohne Müde zu werden.

Von den Wellen weg zur Prärie. In einem Auto durch die menschenleeren Steppen zu fahren um dann sein Ziel voller Freude zu erreichen. Das ist Shadows. Ein Song der unendlich viel Fröhlichkeit und Lebenslust versprüht und dich antreibt weiter zu machen.

Unterbruch. Before the Dawn beginnt ruhig und einnehmend. Vom Feeling her eher was für den Tag nach einer durchzogenen Nacht. Zwischendurch flammt eine aufmunternde Melodie auf, die dich dazu bewegt aufzustehen und die harte Nacht hinter dir zu lassen. Gegen das Ende hin verführt dich das Schlagzeug in eine unheimliche Leichtigkeit. Ein sehr vielfältiger Track der diverse Emotionen reinpackt.

Der tanzende Strand

Wieder einer für mich. Loose erinnert mich an eine Situation am Strand (ja der Strand ist einer meiner Lieblingsorte…). Ein Mädchen, ca. dreizehn Jahre alt, mit hellblau gestreiften kurzen Hosen und einem weissen Shirt wo drauf steht „What are you…?“ will ein wenig Musik mit ihrer Boom Box hören. Dazu verlässt sie das Restaurant, ohne ihre Eltern, geht an dan Strand runter, macht Loose an und erfreut sich daran. Nach zwanzig Sekunden beginnt sie ungehemmt zu tanzen. Die Leute um sie herum Lächeln, süss die Kleine, aber irgendwie auch schräg. Sie kümmert es nicht. Nach knapp einer Minute gesellen sich weitere Menschen dazu. Kurz vor dem Ende ist so ziemlich jeder am Strand am zappeln.

Drinks, Sandalen und ein Tram

Ein Hauch Ausgangsfeeling kommt bei Stay (before the picture fades). Auch hier fehlt es weder an Sommervibes noch an Glücksmomenten. Somit steht der Ferienlust nichts mehr im Weg und die Zeit bis im Sommer kann angenehm begleitet werden.

Die Sandalen ausziehen und gemächlich nach Hause laufen. Mit Sitting with the Braves funktioniert das von selbst. Der Song ist ideal um Revue passieren lassen und sich von packenden Klängen treiben zu lassen.

Im Tram sitzend, die Sonne scheint und The Martian Man auf den Ohren. Draussen ist es arschkalt. Deine Motivation für den heutigen Tag liegt bei null. Nein unter Null. Eine leise Stimme in dir sagt, du musst das alles nicht, du kannst frei sein und das machen was dich glücklich macht. Ja genau, und wie kommt die Kohle rein? Doch irgendwas in dir sagt, dass es so nicht weiter gehen kann. The Martian Man bringt dir Zuversicht und heuert dich zum verlassen des sicheren Bootes an, um auf neue Entdeckungsreise zu gehen.

Vom Ende zum Aus

Das Ende naht. Mein Appetit meldet sich immer wieder. Ja ich weiss, Frühstück ist angesagt. Doch zwei gibt es noch. Behind the River reiht sich zu den ruhigeren Tracks ein. Ein geeigneter Song um eine Schlussmach-Situation zu unterstreichen. Zuerst Mühsam und einige Diskussionen, danach Freiheit und Erleichterung auf der einen Seite. Auf der anderen totale Verzweiflung.

The Race, nein nicht von Yello, hat was von einer schrägen Nacht mit Discokugeln, einem gelben Auto und vielen Menschen in Jeans Jacken. Eine Art Happening um das gelbe Auto. Viel Rauch, der Fahrer führt einen Donut-Drift nach dem anderen durch. Die Leute Schreien sich in Ekstase.

Vor einigen Wochen fragte ich den Franzosen was er selbst für Musik hört (zum Interview). Seine Fahrten durch Spanien, die Sonne, das Meer, die weltweiten Begegnungen mit diversen Kulturen, spiegelt sich bei Capitol Vision deutlich wieder. Das Album ist ein idealer Begleiter für sonnige Tage und lässt die Ferien nochmals herrlich Aufflackern.