Rock the Ring
© Lars Müller - www.rocknews.ch

Der Kampf der Musikgenres

Das Festival Rock the Ring im Zürcher Oberland hat den Zuschauern auch dieses Jahr vom 20. bis 23. Juni 2018 Musikgenuss vom Feinsten geboten. Was das Festivalprogramm dieses Jahr zu bieten hatte und welche Neuerungen rosich da wohl eingeschlichen haben?

Mitte Juni ist die Zeit des Festivals Rock the Ring beim Autobahnkreisel Hinwil. Auch dieses Jahr kann man auf dem vielfältigen Programm etwas für jeden Musikgeschmack finden. Zusätzlich stehen auch einige Neuerungen beim fünfjährigen Festival an: Die Bezahlung via Cashless-Payment-System, die Zweitbühne und die neue Aufteilung der Festivaltage von Mittwoch bis Samstag – es dürften also ein paar spannende Tage werden im schönen Zürcher Oberland!

Persönlich habe ich das (fast schon heimische) Festival sehr zu schätzen gelernt. Die musikalische Programmvielfalt, die Location an sich, die grosszügigen Platzverhältnisse und die gute Bühnensicht dank erhöhten Lagen sind nur einige der zu erwähnenden Punkte. Die zusätzlichen Attraktionen mit dem Riesenrad oder der Show des PC-7-Flugteams sollten dabei nicht ausgelassen werden. Bisher habe ich zwar noch nie alle Festivaltage geniessen können und wollen, aber auch für mich hat es hier und dort musikalische Leckerbissen vorhanden.

Mittwoch, 20. Juni 2018

Galactic Empire (Second Stage)
Nothing More
Stoneman (Second Stage)
In Extremo
Böhse Onkelz

Galactic Empire
Der Auftakt an diesem Festivalmittwoch gebührt Galactic Empire auf der Second Stage. Wie es der Name schon sagt, erinnert die Band nicht nur an die bekannten Filme, sondern sie verkörpern diese sogar: Darth Vader und die (Storm-)Trooper höchstpersönlich stehen hier auf der Bühne. Mit ihren galaktischen Instrumentalklängen aus den Starwars-Streifen versuchen sie die ersten Festivalbesucher ins Universum zu befördern. Ich will mir ehrlich gesagt gar nicht erst vorstellen, welche Hitze die Truppe unter ihren Kostümen aushalten muss bei über 30 Grad im Schatten.

Nothing More
Weiter geht es auf der Hauptbühne. Die Techniker testen noch die letzten Mikrofone und prüfen die letzten Handgriffe. Unser Grüppchen hat derweil bei gleissender Hitze das Cashless-Payment beim Getränkestand getestet – scheint soweit geklappt zu haben. Schatten suchen wir leider vergeblich, zum Glück habe ich mir noch einen der blauen Sonnenhüte geschnappt, die beim Eingang verteilt wurden. Der Musikstil von Nothing More kann ich nur schwer definieren und das liegt nicht an der „oben ohne“-Ablenkung von Sänger Jonny Hawkins. Die Texaner sind schon seit 2003 im Bereich Alternative-Metal unterwegs und aktuell auf The Stories We Tell Ourselves – Tour. Meine volle Aufmerksamkeit hat die Band mit ihrem Musikstil zwar nicht, aber ein passabler Auftakt ist das durchaus.

In Extremo
Die Band In Extremo (kurz: In Ex) durfte ich bereits einige Male live auf der Bühne erleben, unter anderem auch an diversen Mittelalterfestivals. Die Truppe ist mit ihren mittelalterlichen Klängen ziemlich erfolgreich und schon seit über zwanzig Jahren mit dabei. Michael Robert Rhein alias „Das letzte Einhorn“ fegt bei heiterer Abendsonne singend über die RTR-Bühne und das Publikum schaukelt munter mit. Woher er übrigens seinen Spitznamen hat? Aus seriösen Quellen ist mir bekannt, dass dieser Ausdruck aufgrund der verblüffenden Ähnlichkeit eines Portraits vom Macher des Filmes „Das letzte Einhorn“ in Michael’s Ferienhaus geboren ist. Aus ihren Liederschätzen zaubern sie bekannte Stücke wie Vollmond, Quid pro Quo oder Frei zu sein. In Extremo begeistert das Publikum von Stunde null an. Bei Sternhagelvoll bleibt mir dann nur eine Frage: „Wo bleibt der Met?“ Die Abendstimmung könnte nicht besser sein und In Ex wissen mit ihrer Bühnenerfahrung und Charisma ihre Fans jedes Mal von Neuem zu begeistern. Hut ab!

Böhse Onkelz
Der Headliner des heutigen Abends steht kurz vor seiner Show. Die eingefleischten Fans warten schon eine gefühlte Ewigkeit mit entsprechendem Sonnenbrand vor der Bühne, dann hat das Warten endlich ein „böhses“ Ende. Die Onkelz spalten die Gemüter und die Nähe zum Rechtsrock ist bei manchen Leuten immer noch umstritten. Die Deutsche Rockband startet sogleich kompromisslos mit ihrem obligaten Einstiegssong Hier sind die Onkelz. Anschliessend gibt es einen Querschnitt durch ihre früheren und aktuelleren Alben und durch all die gefeierten Lieder der Böhsen Onkelz. Von Gehasst, verdammt, vergöttert über Auf die Freundschaft, Nenn‘ mich wie Du willst, Das Tier in mir oder Nichts ist für die Ewigkeit – da ist so einiges mit im Gepäck. Und gleich passend dazu: Wir ham‘ noch lange nicht genug – jawohl! Beim Track Auf gute Freunde ist es dann sowieso um alle geschehen und ich schleiche mich ganz ganz langsam durch die Menge in Richtung Ausgang. Leider bin ich unter der Woche tatsächlich noch auf meine letzte Zugverbindung angewiesen…

Setlist:
Hier sind die Onkelz
Gehasst, verdammt, vergöttert
Lack und Leder
Leere Worte
Buch der Erinnerung
Ich bin in dir
Es ist sinnlos mit sich selbst zu spassen
Koma – Eine Nacht die niemals endet
Finde die Wahrheit
Bomberpilot
Stand der Dinge
Auf die Freundschaft
Nenn‘ mich wie du willst
Fahrt zur Hölle
Der Platz neben mir (Part I + II)
Das Tier in mir
Keine ist wie du
Kirche
So sind wir
Nichts ist für die Ewigkeit
10 Jahre
Wir ham‘ noch lange nicht genug
Nach allen Regeln der Sucht
Auf gute Freunde
Mexico (Zugabe)
Erinnerungen (Zugabe)

Samstag, 23. Juni 2018

Saint City Orchestra
The Darkness
Level 42
UB 40 (feat. Ali Campbell, Astro & Mickey)
Santana
Nazareth

Festivaltag Nummer vier kann losgehen! Aufgrund meines vollen Wochenendprogramms verpasse ich leider die ersten Bands an diesem Samstag, lasse mich aber gerne von meinen Schreibkollegen diesbezüglich auf den neusten Stand bringen. Ganz knapp höre ich noch ein paar Country-Melodien und sichte fröhliche Gesichter, als ich an der Zweitbühne vorbeilaufe. Heute platziere ich mich aufgrund des Programms jedoch gleich direkt vor der Hauptbühne.

Level 42
Die britische Band ist schon seit über dreissig Jahren im Musikbusiness unterwegs und unter anderem für die Funk-Elemente in ihren Songs bekannt. Da ich erst kürzlich auf dem Festivalgelände aufgetaucht bin, muss ich mich zuerst einmal zurechtfinden und einrichten. Mit Getränk in der Hand, einem vollen Magen und dem Wissen, wie arg mein Geldbeutel an diesem Abend noch am Merchstand leiden muss, lässt es sich doch bereits viel besser mitwippen zu diesen funky Beats. Die drei Bläser haben tontechnisch zu Konzertbeginn ein minimales Nachsehen, können sich dann aber im Laufe der Show vollends entfalten, inklusive rhythmischer Polka auf der Bühne. Mit einer solchen Bühnenvielfalt darf es gerne weitergehen.

UB40 (feat. Ali Campbell, Astro & Mickey)
Vor lauter Santana-Vorfreude habe ich die Jungs von UB40 gar nicht mehr auf dem Schirm – oje. Umso grösser die Überraschung als die ersten Weltmusik-Melodien aus den Boxen dröhnen. Mit über vierzig Hits allein in England und über achtzig Millionen verkauften Alben zählen UB40 zu den erfolgreichsten Reggae-Bands der Musikgeschichte. Sonnenstrahlen, positive Vibes und gute Mucke – das Leben kann so herrlich sein! Die britischen Ikonen und Gastmusiker verbreiten trotz ernster Songthemen über die soziale Gesellschaft gute Stimmung im Publikum. Die Knüller Red Red Wine, I Got You Babe oder Can’t Help Falling In Love dürfen bei dieser Show natürlich keinesfalls fehlen. Unser Grüppchen versucht sich demnach mal nicht im Headbangen sondern in lateinischen Rhythmusbewegungen.

Santana
Carlos Santana. Dieser Mann braucht keine grossen Worte. Dies nicht nur, weil er weltberühmt ist, sondern auch, weil er sich sowieso lieber seiner heissgeliebten Gitarre widmet. Eine Ikone mit schwarzer Lockenpracht, aufgesetztem Hut und goldener Gitarre – so kennt und liebt man ihn. Es ist natürlich keine One-Man-Show, sondern ihm stehen an diesem Abend fantastische Musiker zur Seite. Vor allem der Meister in Sachen Perkussion hat es mir mit seinen wilden Bongo-Sessions angetan. Zudem scheint mir der Bassist äusserst bekannt vorzukommen – stand der vorhin nicht direkt neben uns auf dem Festivalgelände?!

Bereits das dritte Lied Maria Maria muss man einfach in seinem musikalischen Repertoire kennen oder zumindest schon einmal im Radio gehört haben. Die besungene „Maria“ erscheint nicht nur auf den Multimediascreens, sondern wahrscheinlich auch vor manch geistigem Auge. Passend darauf folgt der Hit Black Magic Woman. Dazwischen ist ebenfalls Platz für ein paar weise Worte des Ausnahmegitarristen: Er wettert etwas gegen die Medien BBC und CNN und fügt die Weisheit „You have the power, if you have light in your heart“ hinzu. Oye Como Va oder auch Corazón Espinado sind weitere Welthits zum Mittanzen und Mitsummen. Zwischendurch brillieren dann sowohl die Schlagzeugerin als auch der Perkussionist mit Soloeinlagen und selbstverständlich zeigt auch Maestro Carlos, wie mit seinem Saiten-Schätzchen umgegangen wird. Musikgenuss und -Erlebnis vom Feinsten!

Setlist:
Soul Sacrifice
Jin-Go-Lo-Ba
Maria Maria
Black Magic Woman / Gypsy Queen
Foo Foo
A Love Supreme
Oye como va
Europa (Earth’s Cry, Heaven’s Smile)
Corazón espinado
Smooth

Nazareth
Leider ist Nazareth programmtechnisch eher ungünstig platziert, nämlich kurz nach dem Hauptkünstler Santana. Viele Zuschauer strömen vor ihrer Show bereits aus dem Festivalgelände, um noch einen der letzten regulären Züge zu erwischen. Die grossen Showelemente wie beispielsweise die multimediale Leinwand werden abgebaut und nur ein relativ mickriges Set bleibt auf der Bühne stehen. Noch während Carl Sentance die ersten rockigen Töne ins Mikrofon singt, mache auch ich mich so langsam auf den Heimweg. Meine Leute sind bereits schon weg, es wird langsam kühl und meine ÖV-Verbindung ruft. Zudem überzeugt mich die Leistung der schottischen Hardrock-Band leider nicht vollends, als dass ich mir dies noch viel länger anhören mag. Da begutachte ich mir die Herren besser mal bei einer anderen, etwas wertschätzenderen Gelegenheit!

Das Rock the Ring 2018 ist somit bereits schon wieder Geschichte, wir dürfen jedoch bereits auf das musikalische Programm des nächstjährigen Festivals vom 20. bis 23. Juni 2019 gespannt sein. Hurra!