Five Finger Death Punch

Flammenmeer vs. Kampfkunsttechnik

Am 28. November 2017 kamen die guten alten Schweden In Flames und die Ami-Metaller Five Finger Death Punch für ein Gastspiel zusammen nach Zürich ins Hallenstadion. Wer hat wohl wem die Show gestohlen hat?

Es war im Nachhinein eine gute Entscheidung, die warme Stube genug früh zu verlassen Richtung Hallenstadion. Damit kam ich nämlich zum Glück noch eine halbe Stunde in den Genuss von In Flames, eine stilprägende Band des Melodic Death Metal, die ich früher auch schon ab und zu gehört hatte.

Als ich mein Ticket am Schalter abhole, frage ich noch, ob ich meinen Sitzplatz gegen einen Stehplatz eintauschen kann und erhoffte mir das Visum auf dem Ticket, mit dem ich durch die Kontrollen beim Stehbereich komme. Freundlich aber bestimmt teilt mir die Dame am Schalter mit, dass bereits schon lange die maximale Kapazität erreicht wurde und sie niemanden mehr hinunterlassen können. Davon kann ich mich mit eigenen Augen überzeugen – nachdem ich endlich den passenden Sektor gefunden habe und ins Menschenmeer hinunterschaue.

Zuhause angekommen

Obwohl ich schon lange keine regelmässige Metalkonzertgängerin mehr bin, wird mir jedes Mal warm ums Herz, wenn es sich doch wieder mal ergibt. Und immer wieder derselbe Gedanke: Zuhause angekommen. Wenn man in jungen Jahren einmal eine Heimat gefunden hatte, wird man sich wohl immer an seine Wurzeln erinnern, denke ich und werde für einen kurzen Moment noch sentimental. Diesem Gedanken kann ich aber nur kurz nachgehen.

In Flames als Co-Headliner von Five Finger Death Punch (FFDP)  machen nämlich super Stimmung und empfangen mich akustisch mit einem meiner Lieblingssongs, Alias. Damit versetzen sie mich acht Jahre zurück, als ich das Album A Sense of Purpose rauf und runter hörte.

Während des Konzertes bilden sich teilweise drei Circle Pits gleichzeitig, bis Sänger Anders auffordert: „Merge it into one! Run people run!“ Diese Formationen von der Höhe mitverfolgen zu können, machen sie nochmals eindrücklicher. In Flames kreieren eine „harte“ aber friedliche Stimmung, die Zuschauer sind begeistert, die kraftvolle Energie springt von der Band auf die Besucher über.

Die Schweden sind in Bestform und bringen anstelle eines Backdrops tolle Visuals mit, die im Hintergrund zu sehen sind und verzaubern. Damit holen sie noch mehr Pluspunkte, denn ich mag es, wenn das Gesamterlebnis, sprich auch die Ästhetik, stimmt. Die Band ist in Bestform und überzeugt mich mehr als im Komplex 457 vor drei Jahren. Gegen Ende der Spielzeit verspricht die Band  schliesslich „nie wegzugehen“ und spielt den Song Here Until Forever, um die Aussage zu unterstreichen.

Den Song kannte ich bisher nicht, gefiel mir aber super, obwohl er sehr balladesk war. Zusätzlich hatte er noch schöne Lyrics, die mich im Innersten trafen. Die Fans sind begeistert, applaudieren und lärmen immer weiter. Nach einer gefühlten Schweigeminute, in der die Band das Bad geniesst, findet der Sänger Anders Friden wieder Worte und sagt: “Thank you for being part of my dream“, was noch mehr Begeisterung auslöst – verständlicherweise.

Melo Death versus Modern Metal

Nach diesem tollen Empfang treffe ich draussen zuerst mal meine Freunde die Stehplätze hatten im Raucherbereich. Dort werden sogar Plastikdecken runtergelassen, damit die Fans nicht verregnet werden. Wir diskutieren, ob In Flames zum zweiten Act Five Finger Death Punch passen und weshalb nicht. Ehrlich gesagt, es ist schon ein wenig eine seltsame Kombination, schwedischer Melodic Death Metal und FFDP. Ich lasse mir aber sagen, dass nur In Flames in der Lage seien, eine Location wie das Hallenstadion zu füllen, kann aber nur kurz über diese Aussage nachdenken.

Nach der Umbauphase heisst es nämlich wieder: Abschied nehmen. Ich suche mir den Weg durch die Menschenmenge zurück nach oben um den Opener von FFDP Lift Me Up nicht zu verpassen. Ich muss mich dann je mehr das Konzert fortschreitet zusammennehmen um nicht zu gehen. Ich bin enttäuscht, das FFDP nicht an die Vorlage von In Flames anknüpfen und das Niveau halten können. Das Konzert ist lasch, langweilig, durchschaubar. Der Sänger gibt sich zwar Mühe, kommt aber nicht an alte Erfolge an. Das waren noch Zeiten, als ein Freund von mir 2013 sogar nach München gefahren ist, um die Band dreissig Minuten als Support Act von Avenged Sevenfold zu sehen.

Kampfkunsttechnik und Dramaqueen

Vierzehn Songs spielen Five Finger Death Punch. Nicht gerade viel, wenn man bedenkt, dass die Band sechs Alben veröffentlicht hat. Die Band ist übrigens benannt nach der (fiktiven) Kampfkunsttechnik aus dem Tarantino-Klassiker Kill Bill. Auch wenn man bekannterweise Beruf und Privatleben trennen sollte, ist es in diesem Fall nicht unbedeutend zu wissen, dass der Sänger Ivan Moody noch im Frühsommer die eigene Band verlassen hatte und davor einige miserable Auftritte hinlegte. Schuld war laut Medien ein ausser Kontrolle geratener Alkoholkonsum. Nach dem Ausstieg spielte die Band die Tour mit dem  Ersatzsänger Tommy Vext zu Ende.

Ende August spielte Moody nach zwei Monaten Pause erneut Konzerte und zeigte im Hallenstadion, dass er sich wieder im Griff hatte. Trotzdem war irgendwie die Leidenschaft verloren, die Luft raus. Die Setlist war noch immer die gleiche wie vor zwei Jahren in der Eulachhalle Winterthur zusammen mit Papa Roach, keine Änderung, nichts.

Musikalisch und Performance-technisch war es also eine schwache Leistung. Dafür muss man ihnen lassen, dass sie wirklich fanfreundlich sind. Beim Song Burn MF holte Ivan einige Fans aus den ersten Reihen auf die Bühne, die den Song von dort aus abfeierten.

Ich war trotzdem froh, als das Konzert zu Ende war und noch mehr, dass ich zumindest von den guten alten In Flames nicht enttäuscht wurde.