Haley Heynderickx
© Jonas Mehr

Ein Phänomen namens Haley Heynderickz

Sie kommen meist, wenn man sie nicht unbedingt erwartet: Die Konzertabende, die einem das Gefühl geben, soeben etwas Einmaliges erlebt zu haben. Haley Heynderickx, Folksängerin und Gitarristin aus Portland, hat mit ihrer Band am 05. Dezember 2018 im intimen Bogen F für eben diese Gefühle gesorgt.

Haley Heynderickx, gerade mal zweiundzwanzigjährig, ist ein Phänomen, das steht nach diesem Abend im Viadukt fest. Ihre Ansagen so witzig, aufgeweckt, geistvoll – kurz: so gut, dass man sich fast wünschte, ihre Gitarre würde sich vorzu neu verstimmen, sodass sie noch ein wenig weiterplaudern kann. Und dann natürlich ihre Musik: Die beeindruckend klar vorgetragenen Lieder wurden in Kombination mit ihrer Bühnenpräsenz zu kleinen Perlen.

Wer sich vorab mit ihrer Musik befasst hat, wusste: Das Konzert könnte interessant werden. Ihr im letzten Jahr erschienenes Debütalbum I Need To Start A Garden ist ein Bijou in der aktuellen Flut von Veröffentlichungen junger amerikanischen Folk-Sängerinnen. Die acht Songs haben eine Vielseitigkeit und musikalische Reife, die auf alles hindeuten könnten, nur nicht auf das Debüt einer Musikerin Anfang zwanzig. Diese Songs haben den Konzertabend denn auch zu einem grossen Teil geprägt.

Einzigartige Stimme, dynamische Band

Am Anfang stand ein kurzes „Hallo“, gefolgt von einem Cover des Townes Van Zandt Songs Don’t Take It Too Bad, „passend zum Beginn der Winterzeit“. Es folgten die Songs des Debütalbums, wobei sie zu jedem eine Anekdote parat hatte. Und wenn nicht, hatte sie sonst einiges zu erzählen, von der Tour, von Haustieren oder den Leiden des jungen Werther.

Die Band – am Schlagzeug sass ihr langjähriger Mitmusiker Phil Rogers, ein Wiener Kontrabassist ersetzte die Stamm-Bassistin Lily Breshears – hielt sich zu Beginn der Stücke meist im Hintergrund und gab so den nötigen Raum für ihre Stimme und ihr Gitarrenspiel. Wenn die Songs wie im kecken Fish Eyes, im mäandrierenden Worth It oder im melan­cholischen Untitled God Song dann explodierten, zeigte sich jedoch erst, wie gut das Trio funktionierte und zu welcher Dynamik es imstande war. Die Posaunen-Linien aus dem Album vermisste man in keiner Sekunde und Phil übernahm zum Teil (und zum Glück!) Lily’s Backing Vocals. Höhepunkt in dieser Hinsicht war die zweistimmig gesungene erste Zugabe If I Needed You, wiederum ein Townes Van Zandt Song.

Dass sie das Konzert mit dem legendären Grauzone-Song Eisbær abschloss, „ein Experiment, dass auch gründlich schiefgehen könnte“ wie sie im Vorfeld meinte, passte so gut zu diesem Abend im Zürcher Viadukt, zu dieser Künstlerin und erstaunlichen Persönlichkeit.

PS. Den Abend abgerundet hat ein stimmiger und vielseitiger Auftritt der Schweizer Dream-Pop-Band East Sister. Ebenfalls ein Versprechen für die Zukunft!