Faber
© Philipp Heger

Ein Faber im Wind

Wenn sich die Menschenschlange vor dem Volkshaus in Zürich bis über die Rotwandstrasse hinaus staut, muss ein grosser Musiker angesagt sein. An diesem Samstag 13. Oktober 2018, war es der einheimische Faber, der im ausverkauftem Haus auftrat.

Denn viele konnten sich im Vorverkauf kein Ticket mehr ergattern, das Konzert war schon früh ausverkauft. Umso mehr erstaunte es, dass doch noch einige Menschen vor dem Eingang ihre Tickets verkaufen wollten. Die meisten Konzertgänger waren jedoch schon mit Tickets ausgerüstet.

Kurz nach 21 Uhr betrat Faber mit seiner Gitarre die Bühne, um sein 2017 veröffentlichtes Debütalbum Sei ein Faber im Wind zu präsentieren. Um sich herum hat Faber talentierte Musiker geschart. Einen Schlagzeuger, der auch Posaune spielt und sich DJ Real Madrid nennt, sieht man nicht alle Tage. Vom Pianisten, der den Klezmer genauso gut spielt wie Polka und emotionale Popstücke, war ich begeistert. Er machte die meisten Stücke tanzbar. Teilweise erinnerte er mich an den Pianisten im Saloon einer Episode aus Lucky Luck. Die E- und Bassgitarrenspieler waren ebenfalls gut, sind aber vor allem durch ihren Kuss aufgefallen. Etwas plakativ, falls sie das bei jeder Show machen. In einem homophoben Vorort hätte das wohl seine Wirkung nicht verfehlt. In einer offenen Stadt wie Zürich ist es aber etwas unnötig, zumindest da ich keine Message dahinter nachvollziehen konnte. Das Publikum hatte trotzdem seine Freude daran.

Der Protagonist

Das Gehirn dieser grossartigen Songs und Texte ist Julian Pollina alias Faber, der fünfundzwanzigjährige Sohn von Pippo Pollina. Viele seiner Texte sind politisch und prangern den Umgang mit Geflüchteten oder grundsätzlich das menschenverachtende rechte Gedankengut an. Was bisher noch wenige wussten: der Text zur eingängigen Melodie von Alles Gute wurde ursprünglich auf Zürichdeutsch geschrieben und handelt von einem hellhäutigen, von einem Sonnenbrand geplagten Mann. Diesen durfte ich zum ersten Mal hören, als Faber nach einem Demonstrationsanlass gegen Ausländerfeindlichkeit spontan selbst zur Gitarre griff und für eine Gruppe von etwa fünfzehn Personen unverstärkt einige Songs zum Besten gab. Dort hörte ich die düstere Stimme von Faber zum ersten Mal live und er gewann meine Sympathie vollends. Vor vollen Rängen im Volkshaus wirkte Faber wie ein alter Hase, der eine Reife und Selbstverständlichkeit ausstrahlt, als wäre er schon Jahrzehnte auf den grossen Bühnen der Welt unterwegs. Starallüren sind ihm fremd. So liess er seine Freunde und Mitbewohner zu zwei Songs auf der Bühne mittanzen.

Faber werde ich gerne noch Tausendfrankenlang live mitverfolgen, ein schöner Song zum Ausklang einer zweistündigen Show und zum letztem Tanz an diesem wunderbaren Abend.