Cat Power
© Jonas Mehr

Zürich im Bann einer Stimme

Chan Marshall alias Cat Power war am 29. Oktober 2018 wieder einmal zu Gast in Zürich. Im X-Tra gab sie ein intimes Konzert, in einer nicht ganz so intimen Halle. Ihren Status als aussergewöhnliche Künstlerin und Sängerin hat sie allemal zementiert.

Am Ende wollte sie die Bühne gar nicht mehr verlassen. Cat Power stand da, lief hin und her, verneigte sich, hielt sich die Hände an die Brust, verneigte sich erneut. Schien vollkommen ergriffen vom Moment und unendlich dankbar über den frenetischen Applaus. Unmittelbar davor hat Chan Marshall, unterstützt lediglich vom Gitarristen der Begleitband, ihr Konzert mit einer herzergreifenden Version von The Moon abgeschlossen. Die Begleitung als Endlosschleife, darüber ihre zerbrechliche, dennoch triumphierende Stimme.

Begonnen hat das Konzert gut eineinhalb Stunden zuvor mit He Turns Down aus ihrem mittlerweile zwanzigjährigen Klassiker Moon Pix. Das instrumentale überliess sie von Beginn weg vollständig ihrer Begleitband bestehend aus Schlagzeug, Bass/Gitarre sowie Piano/Gitarre. Sie selbst wollte sich anscheinend ganz auf ihr höchstes Gut – ihre unvergleichliche Stimme – konzentrieren. Kurz gesagt: Der Rahmen für einen intimen Abend – der sich zu Beginn allerdings noch nicht so recht einstellen wollte. Während sie mit dem Monitoring kämpfte, spulte die Band ihr Pensum ab und wirkte auf der grossen Bühne etwas verloren. Aber da war ja noch ihre Stimme. Hach. Man weiss, warum man hier ist.

Faszination Cat Power

Zu Beginn wechselten sich Songs des neuen Albums Wanderer mit den, bei ihren Konzerten üblichen, Coverversionen verschiedener Künstler ab. Die Übergänge verwischten. Langsam nahm das Konzert Fahrt auf. Spätestens mit dem wuchtigen Ende von Cross Bones Style lief auch die Stimmung im Publikum dem Höhepunkt entgegen. Die Band wurde nun etwas von der Leine gelassen, ohne dass sie Chan’s Stimme aus dem Vordergrund gedrängt hätte. Das perkussive Manhattan vom vorletzten Album Sun erhöhte die Pace und kurz darauf folgte der von allen erwartete Live-Klassiker Good Woman. Spätestens hier zeigte sich: Chan Marshall hat nicht nur ein unvergleichliches Stimmorgan, sie ist auch eine äusserst vielseitige Künstlerin und Songwriterin.

Eine Künstlerin, die auch nach diesem Abend irgendwie unfassbar bleibt. Während dem ganzen Konzert tingelt sie auf der Bühne herum, schiebt den Notenständer hin und zurück, blättert um. Sie sucht beim Singen stets den Kontakt zum Publikum ohne zwischen den Songs je eine Ansage zu machen. Stattdessen klatscht sie mit dem Publikum mit. Als sie kurz vor Ende die Band vorstellt, kriegt sie fast keinen Ton raus, zu ergriffen ist sie. Erik heisst der Pianist, Adeline die Bassistin. Der Name des Schlagzeugers geht im allgemeinen Jubel unter [er heisst Alianna]. Chan Marshall lebt die Emotionen der Musik wie keine zweite und sorgt so am Ende dieses denkwürdigen Abends doch noch für unvergessliche Momente.