bergmal festival 2018
© Philipp Heger

Wie Wale im Meer

Auch dieses Jahr sind die Wale das Kennzeichen des bergmal Festivals, das am 19. und 20. Oktober 2018 stattgefunden hat. Zum ersten Mal gab es während zwei Tagen siebzehn Post- und Experimentalrock Bands auf drei Stages zu bewundern und entdecken.

Bereits zum dritten Mal organisierte das vierköpfige Team mit über siebzig Freiwilligen das bergmal Festival. Deshalb war die Stimmung relaxt und niemals hektisch. Im Publikum liessen sich keine homogenen Äusserlichkeiten erkennen Post- und Experimentalrock-Fans folgen demnach keinen szenemässigen Klischees. Der gute Musikgeschmack und vielleicht die Liebe zu dunklen Räumen sind die gemeinsamen Nenner. So ist zu erklären, dass um 17.30 Uhr bei car crash weather aus Zürich, die verdunkelte Roof Stage auch bei sonnigem Wetter gut besucht ist. Die Band heizt auch schon ordentlich ein. Das Headbanging des geliehenen Bassisten von The Burden Remains verriet, dass er eher aus der Metal Punk Ecke kommt. Die hochklassigen Rhythmen der Band hatte er jedoch gut einstudiert. Dies war besonders beim Titelsong The Fall des letzten Albums Secondary Drowning zu hören.

Wie wichtig Gitarristen sein können, zeigte sich bei Mutiny On The Bounty. Sie mussten ihren Auftritt aus familiären Gründen absagen. Ihr Ersatz Astodan aus Brüssel war zwar etwas weniger tanzbar, aber mit den vier Gitarristen inklusive Bassist eine Wucht. Danach, einige Stockwerke tiefer im Keller, liessen die Genfer H E X auf sich warten, weil der Soundcheck etwas länger dauerte. Ihr Dark Electro war gewöhnungsbedürftig, schon beim vorgängigen Reinhören war ich ambivalent bei dieser Band und ich bin es auch bis jetzt geblieben.

Die Spanier Toundra konnten mich dann auf der Roof Stage endgültig darüber hinwegtrösten, dass meine Lieblingspostrockband Leech, welche 2016 bei der ersten Ausgabe dabei waren und der Auslöser für das Festival sind, fehlten.

Die Qual der Wahl

Dann wurde es schwierig mit dem Timetable, weil auf der Experimental- und der Cellar Stage die Bands jeweils gleichzeitig ihren Auftritt hatten. Ich beschloss, in Her Name Is Calla und Jeffk je zur Hälfte reinzuhören. Jeffk aus Deutschland wurde zwar nicht, wie vom OK prophezeit, zu meiner Lieblingsband, doch wird die Band sicher auf meiner Spotify Bibliothek aufgenommen. Her Name Is Calla waren durch die guten Stimmen, zwischendurch sogar A capella, und durch die vereinzelt sehr emotionalen Geigenklänge aufgefallen.

bergmal festival 2018
© Philipp Heger

Auf den norwegischen Headliner Jaga Jazzist war ich, wegen der elf Musiker auf der Roof Stage, besonders gespannt. Die Bläser, Xylophonisten und Pianisten hätten musikalisch jedoch besser auf die Experimentalstage gepasst. Auf keinster Weise vergleichbar mit dem restlichen Sound des Abends, fühlte ich mich teilweise wie vor einem Flipperkasten: Die nervösen Leuchtstangen zwischen den Musikern verstärkten dieses Bild nur noch. Die Band war superspannend und gut, jedoch passte sie irgendwie trotzdem nicht ins Konzept. Zumindest nicht in meins, denn vereinzelte Körper im Publikum gingen dazu ziemlich ab. Gemäss einem Kenner lohnt es sich, in die alten Alben von Jaga Jazzist reinzuhören. Das werde ich tun.

Mein Highlight des Abends kam zum Schluss, Egopusher aus Zürich auf der Experimental Stage. Nur zwei Typen auf der Bühne, Alessandro Giannelli am Schlagzeug, Tobias Preisig zwischendurch an den Tasten, aber hauptsächlich an der Geige. Sie überzeugten mich völlig mit ihren elektronischen Einflüssen und vor allem dem wunderbar sphärischen Zusammenspiel zwischen Schlagzeug und Geige. So müssen sich Wale im Meer fühlen.

Danke bergmal Team, Freiwillige und Bands für einen perfekten Abend, der Körper, Hirn und Geist auf wunderbare Art forderten. Bis im nächsten Herbst bei den Walsäugetieren.

Egopusher
© Philipp Heger